Inhaltsverzeichnis
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1 Einleitung
Vier Reifenaufstandsflächen, jede einzelne nur so groß wie eine Postkarte, verbinden einen Pkw mit der Straße. Die übertragbaren Kräfte in den Aufstandsflächen werden durch die Auslegung des Reifens und die Beschaffenheit der Straßenoberfläche bestimmt und geben damit die physikalischen Grenzen eines Fahrzeuges beim Bremsen und Beschleunigen und bei Kurvenfahrt vor.
Die Anforderungen an Reifen sind dementsprechend hoch und vielfältig. Die wesentlichen Kriterien, nach denen Reifen beurteilt werden, sind:
• Fahrverhalten – auf trockener/nasser, schneebedeckter und vereister Fahrbahn
• Bremsverhalten – auf trockener/nasser, schneebedeckter und vereister Fahrbahn
• Geräuschverhalten – im Fahrzeuginnenraum/außen (Reifen-/Fahrbahn-Geräusch)
• Rollwiderstand
• Verschleißverhalten
• Reifenhaltbarkeit – Schnelllauftüchtigkeit/Dauerhaltbarkeit
Das an Pkw-Reifen gestellte Anforderungsprofil ist hiermit umrissen, die Umsetzung ist naturgemäß ein Kompromiss.
2 Gesetzliche Vorschriften
2.1 StVZO (Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung)
Vorschriften für die Beschaffenheit, die Zulassung und das Führen von Fahrzeugen sind in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) festgelegt. Der § 36 "Bereifung und Laufflächen" befasst sich mit Reifen.
Die grundsätzlichen Anforderungen werden hier wie folgt beschrieben:
Maße und Bauart der Reifen von Fahrzeugen müssen den Betriebsbedingungen, besonderes der Belastung und der durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs entsprechen. Sind land- oder forstwirtschaftliche Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuge des Straßenunterhaltungsdienstes mit Reifen ausgerüstet, die nur durch eine niedrigere Höchstgeschwindigkeit zulassen, müssen diese Fahrzeuge entsprechend … für diese Geschwindigkeit gekennzeichnet sein. Reifen oder andere Laufflächen dürfen keine Unebenheiten haben, die eine feste Fahrbahn beschädigen können.
Bei Verwendung von Winterreifen (Reifen mit dem Alpine-Symbol (Bergpiktogramm mit Schneeflocke), und bis 30.Sept. 2024 M+S-Reifen, die vor dem 1. Jan. 2018 hergestellt wurden) oder Reifen für den gewerblichen Geländeeinsatz (POR-Reifen) gilt die Forderung hinsichtlich der Geschwindigkeit auch als erfüllt, wenn die für diese Reifen zulässige Höchstgeschwindigkeit unter der durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs liegt, jedoch
- die für die diese Reifen zulässige Höchstgeschwindigkeit durch ein Schild oder eine elektronische Anzeige im Blickfeld des Fahrzeugführers angegeben ist,
- die für diese Reifen zulässige Höchstgeschwindigkeit im Betrieb nicht überschritten wird.
2.2 StVO (Straßenverkehrsordnung)
Die Straßenverkehrsordnung (StVO) regelt die Teilnahme am Straßenverkehr und die einzuhaltenden Regeln. Sie ist in drei Teile gegliedert:
- Allgemeine Verkehrsregeln
- Zeichen und Verkehrseinrichtungen
- Durchführungs-, Bußgeld- und Schlussvorschriften
In Teil I, § 2 "Straßenbenutzung durch Fahrzeuge" Absatz (3a) wird ausgeführt:
Der Führer eines Kraftfahrzeuges darf dies bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eisglätte oder Reifglätte nur fahren, wenn alle Räder mit Winterreifen, die mit dem Alpine-Symbol (Bergpiktogramm mit Schneeflocke) gekennzeichnet sind, ausgerüstet sind. Dies gilt nicht für
1. Nutzfahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft,
2. einspurige Kraftfahrzeuge,
3. Stapler,
4. motorisierte Krankenfahrstühle,
5. Einsatzfahrzeuge der Bundeswehr, der Bundespolizei, der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes, der Polizei und des Zolldienstes, soweit für diese Fahrzeuge bauartbedingt keine Winterreifen verfügbar sind und
6. Spezialfahrzeuge, für die bauartbedingt keine Reifen der Kategorien C1, C2 oder C3 verfügbar sind.Kraftfahrzeuge der Klassen M2, M3 (Busse), N2, N3 (Lkw) dürfen bei solchen Wetterbedingungen auch gefahren werden, wenn mindestens die Räder
1. der permanent angetriebenen Achsen und
2. der vorderen Lenkachsen
mit Winterreifen ausgerüstet sind.
Soweit ein Kraftfahrzeug während einer der oben beschriebenen Witterungslagen ohne Winterreifen geführt werden darf, hat der Führer des Kraftfahrzeuges über seine allgemeinen Verpflichtungen hinaus
1. vor Antritt jeder Fahrt zu prüfen, ob es erforderlich ist, die Fahrt durchzuführen, da das Ziel mit anderen Verkehrsmitteln nicht erreichbar ist,
2. während der Fahrt
a. einen Abstand von mindestens der Hälfte des Tachowerts einzuhalten,
b. nicht schneller als 50 km/h zu fahren.
Des Weiteren wird in Teil III §52 "Übergangs- und Anwendungsbestimmungen" geregelt:
Abweichend von §2 Absatz 3a Satz 1 darf der Führer eines Kraftfahrzeuges dieses bis zum Ablauf des 30. September 2024 bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eisglätte oder Reifglätte auch fahren, wenn alle Räder mit M+S-Reifen ausgerüstet sind, die nicht nach dem 31. Dezember 2017 hergestellt worden sind.
Die Pflicht, dass die vorderen Lenkachsen von Bussen und Lkw mit Winterreifen ausgerüstet werden, die mit Alpine-Symbol gekennzeichnet sind, tritt zum 1. Juli 2020 in Kraft (es sei denn, das Verkehrsministerium legt vorher eine Felduntersuchung vor).
2.3 UN-Regelungen
Die technischen Anforderungen, die ein Bauteil erfüllen muss, um die Fahrsicherheit von Fahrzeugen zu gewährleisten, unterscheiden sich von Land zu Land. Um die gesetzlichen Anforderungen in den einzelnen Ländern aufeinander abzustimmen, wurde im Rahmen der Vereinten Nationen (UN) am 20. März 1958 ein Übereinkommen "über die Annahme einheitlicher Bedingungen für die Genehmigung der Ausrüstungsgegenstände und Teilen von Kraftfahrzeugen und über die gegenseitige Anerkennung" erzielt.
UN-Regelungen werden von der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (UNECE) in Genf erarbeitet. Nach Zustimmung zu jeder einzelnen UN-Regelung durch die Mitgliedstaaten werden so gekennzeichnete Produkte ohne weitere Prüfung anerkannt.
Bei Reifen gibt es UN-Regelungen für neue Pkw-, Nutzfahrzeug-, Motorrad- und Landwirtschaftsreifen sowie für runderneuerte Pkw- und Nutzfahrzeugreifen. Des Weiteren gibt es UN-Regelungen für die Genehmigung von Reifen hinsichtlich der Rollgeräuschemissionen und/oder der Haftung auf nassen Oberflächen und/oder des Rollwiderstandes, für die Ausrüstung von Fahrzeugen mit Reserverädern und/oder Reifen oder Systemen mit Pannenlaufeigenschaften, für Reifendruckkontrollsysteme und für die Anforderungen an die Montage von Reifen. Sie werden fortlaufend an den Stand der Technik angepasst.
Das äußere Kennzeichen, dass Reifen die Anforderungen der jeweiligen Regelung erfüllen, ist ein Kreis, in dem sich der Buchstabe "E" und eine Ziffer (4 steht z.B. für die Niederlande, die die Typgenehmigung erteilt hat) einschließt. Daneben steht eine 6- bis 8-stellige Zahl, die Typgenehmigungsnummer (Bild 2).
Typgenehmigungszeichen nach UN-Regelung 30 – Pkw-Reifen
2.3.1 UN-Regelung 30 – Pkw-Reifen
In der UN-Regelung 30 sind einheitliche Vorschriften für die Genehmigung der Luftreifen für Kraftfahrzeuge (Pkw) und deren Anhänger enthalten.
2.3.2 UN-Regelung 54 – Nfz-Reifen
In der UN-Regelung 54 sind einheitliche Vorschriften für die Genehmigung der Luftreifen für Nutzfahrzeuge (leichte und schwere Lkw) und deren Anhänger enthalten.
2.3.3 UN-Regelung 64 – Reserveräder/Reifen
Die UN-Regelung 64 enthält einheitliche Bedingungen zur Genehmigung von Fahrzeugen, die mit Reserverädern/-reifen oder Reifen oder Systemen mit Pannenlaufeigenschaften ausgerüstet sind.
2.3.4 UN-Regelung 75 – Motorrad- und Moped-Reifen
In der UN-Regelung 75 sind einheitliche Vorschriften für die Genehmigung der Luftreifen für Motorräder und Mopeds enthalten.
2.3.5 UN-Regelung 108 – Runderneuerte Pkw-Reifen
Die UN-Regelung 108 behandelt "Einheitliche Bedingungen für die Genehmigung der Herstellung runderneuerter Luftreifen für Kraftfahrzeuge [d.h. Pkw, der Autor] und ihre Anhänger".
2.3.6 UN-Regelung 109 – Runderneuerte Nfz-Reifen
Die UN-Regelung 109 behandelt "Einheitliche Bedingungen für die Genehmigung der Herstellung runderneuerter Luftreifen für Nutzfahrzeuge und ihre Anhänger".
2.3.7 UN-Regelung 117 – Reifen-Rollgeräusch, -Nasshaftung, -Rollwiderstand
Die UN-Regelung 117 enthält einheitliche Bedingungen für die Genehmigung der Reifen hinsichtlich der Rollgeräuschemissionen und/oder der Haftung auf nassen Oberflächen und/oder des Rollwiderstandes. Des Weiteren enthält sie die Testmethoden zur Ermittlung der Haftung auf Schneeoberflächen. Diese UN-Regelung gilt nur für neue Luftreifen für Pkw, Llkw und Lkw (d.h. sie gilt nicht für Motorrad-Reifen, Landwirtschaftsreifen oder runderneuerte Reifen).
Typgenehmigungszeichen nach ECE R 117 (Beispiel)
2.3.8 UN-Regelung 141 – Reifendruck-Kontrollsysteme (TPMS)
Die UN-Regelung 141 enthält einheitliche Bedingungen für die Genehmigung von Fahrzeugen hinsichtlich deren Reifendruck-Kontrollsystemen (TPMS).
2.3.9 UN-Regelung 142 – Montage von Reifen an Fahrzeugen
Die UN-Regelung 142 enthält einheitliche Bedingungen für die Genehmigung von Fahrzeugen hinsichtlich der Montage von Reifen.
2.4 EU-Richtlinien (Richtlinien der Europäischen Union)
2.4.1 Regelungen für Kraftfahrzeuge mit 4 und mehr Rädern
Bis vor kurzem war in der Europäischen Union die Richtlinie 92/23/EWG "über Reifen von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern und über ihre Montage" gültig, die die Anforderungen an Pkw- und Nutzfahrzeug-Reifen, z. B. die Abmessungen, Form und Inhalt der Seitenwandbeschriftung und den Schnelllauftest sowie die Anforderungen an die Montage von Reifen auf Kraftfahrzeugen beschrieb. Diese Richtlinie wurde hinsichtlich der Typgenehmigung von Reifen aufgrund der EU-Verordnung 661/2009 durch die o.a. UN/ECE-Regelungen und hinsichtlich der Montage von Reifen auf Fahrzeugen durch die EU-Regelung 458/2009 ersetzt.
3 Reifenanforderungen
Die Anforderungen an Reifen sind vielfältig. Reifen sollen einerseits kurze Bremswege bei trockener und nasser Fahrbahn sicherstellen, andererseits gute Abriebeigenschaften, einen geringen Rollwiderstand aufweisen und zudem leise sein. Gleichzeitig sind Vorgaben des Gesetzgebers einzuhalten. Dies sind nur einige der vielfältigen Anforderungen an Reifen. Die Ergebnisse sind, abhängig von Know-how und der Markenphilosophie der Reifenhersteller, sehr unterschiedlich, wie das nachfolgende Beispiel zeigt.
4 Reifenaufbau
Der Reifenaufbau von Gürtelreifen (die heute bei Pkws fast ausschließlich verwendete Bauart) besteht aus einer Karkasse, einem Wulstkern und einem Gürtel. Den inneren Abschluss bildet der lnnerliner, dessen Aufgabe es ist, die Luft zu halten. Den äußeren Abschluss bildet die Lauffläche, die die Verbindung zur Straße herstellt, sowie die Seitenwände.
1. Gürtel
2. Gürtelabdeckung
3. Lauffläche
4. Verstärkungsstreifen
5. Seitenwand
6. Kernreiter
7. Wulst(-kabel)
8. Innenschicht / Innerliner
9. Karkasse
Reifenaufbau eines Radialreifens
4.1 Reifenbestandteile
4.1.1 Gürtel
Der Gürtel besteht aus verdrillten Stahldrahtlagen, die gummiert und winkelförmig angeordnet sind, und dient im Wesentlichen der strukturellen Festigkeit des Reifens im luftgefüllten Zustand. Der Gürtel sorgt desweiteren für Fahrstabilität bei Beschleunigung, Bremsen und Kurvenfahrten, beeinflusst den Rollwiderstand und hat einen wesentlichen Anteil an der Laufleistung des Reifens.
4.1.2 Gürtelabdeckung
Die Gürtelabdeckung (zwischen Lauffläche und oberem Gürtel) wird wahlweise je nach Geschwindigkeitsausführung des Reifens appliziert, um die Zunahme des Reifen-Durchmessers bei zunehmender Geschwindigkeit zu begrenzen und so die Schnelllauffestigkeit zu verbessern.
4.1.3 Lauffläche
Die Lauffläche ist wesentlich für die Fahreigenschaften verantwortlich. Einerseits bestimmt die Laufflächenmischung das Abriebsverhalten und die dynamischen Fahreigenschaften unter den unterschiedlichen Witterungsverhältnissen (auf nasser und trockener Straße, bei kaltem und warmem Wetter, auf Eis und Schnee), andererseits ist die Profilgestaltung maßgeblich verantwortlich für das Aquaplaning-/Schnee-/Geräusch- und Nassverhalten.
4.1.4 Verstärkungsstreifen
Verstärkungsstreifen werden wahlweise im Bereich des Kernreiters eingesetzt, um die Festigkeit des Reifens sowie die Fahreigenschaften weiter zu verbessern.
4.1.5 Seitenwand
Die Seitenwand dient dem Schutz der Karkasse vor seitlichen Beschädigungen und Witterungseinflüssen und muss die Reifenkennzeichnungen klar wiedergeben. Die Seitenwandmischung ist flexibel und enthält Zuschläge zum Schutz gegen Ozon und Abschürfungen.
4.1.6 Kernreiter
Der Kernreiter sitzt über dem Wulstkabel/Wulstkern. Form und Gestaltung des Kernreiters sorgen für Fahrstabilität und beeinflussen die Lenkpräzision und den Federungskomfort.
4.1.7 Wulst(kabel) / Wulstkern
Das Wulstkabel ist der innere Teil des Reifenwulstes und besteht aus verdrillten gummiummantelten Stahldrähten, die ringförmig gewickelt sind und den Reifen stabil auf der Felge halten. Der Reifenwulst (auch Reifenfuß genannt) presst sich gegen das Felgenhorn und verschließt den Reifen – bei schlauchloser Ausführung – luftdicht.
4.1.8 Innenschicht / Innerliner
Moderne Reifen sind in der Regel schlauchlos. Aufgabe des Innerliners ist es, den Reifendruck über eine lange Zeit zu halten, so dass der Reifen unter optimalem Druck arbeiten kann.
4.1.9 Karkasse
Die Karkasse bildet das Grundgerüst des Reifens und besteht aus einer oder mehreren Textilgewebelagen (Rayon, Nylon, Polyester, Aramid) oder Stahlkordlagen (Lkw), die in Gummi eingebettet sind. Durch den Reifenluftdruck wird die Karkasse unter Spannung gesetzt und ist daher im Wesentlichen für die Kraftübertragung zwischen Felge und Lauffläche/Straße verantwortlich. Im Reifenfuß ist sie mit dem Reifenwulst verbunden und hält so den Reifen zusammen. Je nach Ausführung unterscheidet man zwischen Radial-, Diagonalreifen und Diagonalgürtel ("bias-belted") Reifen.
4.2 Reifentyp
Beim Reifenaufbau unterscheidet man drei Typen von Reifen: Radial-/ Diagonalreifen sowie eine Kombination aus beiden, den sogenannten Diagonalgürtel ("bias-belted") -Reifen.
4.2.1 Radialreifen
Der Name Radial leitet sich aus der Bauweise der Karkasse ab. Zur Anwendung kommen eine oder zwei Lagen, die radial (d.h. 90° zum Reifenumfang) von Wulstkern zu Wulstkern verlaufen. Darüber liegen wenigstens zwei Gürtellagen und teilweise, je nach Geschwindigkeitsausführung, eine Gürtelabdeckung. Damit wird das Anwachsen des Reifendurchmessers bei zunehmender Geschwindigkeit begrenzt.
4.2.2 Diagonalreifen
Diagonalreifen bestehen aus mehreren Karkasslagen, die im Winkel zwischen 20° und 30° gekreuzt übereinander liegen. Sie sind heute nur noch in geringem Umfang anzutreffen.
4.2.3 Diagonalgürtelreifen
Bei Diagonalgürtelreifen handelt es sich um eine Kombination aus Radial- sowie Diagonalreifen.
Reifenaufbau eines Diagonal-/Radial-/Diagonalgürtel-Reifens
4.3 Mischungen
4.3.1 Mischungsbestandteile
Mischungen bestehen hauptsächlich aus Synthese- oder Natur-Kautschuken, häufig im Verschnitt, Verstärkungsmaterialien (Ruß oder Kieselsäure), Schwefel, Beschleuniger, Alterungsschutzmittel und weiteren Zuschlagstoffen. Je nach Einsatzzweck und -bereich, z. B. für die Karkass-, Gürtel- oder Wulstkabelgummierung bzw. als Innenseele, Lauffläche oder Seitenwand, werden die Rezepturen angepasst. Durch die Vulkanisation stellen sich die typischen Elastomer (Gummi) -Eigenschaften ein, die sicherstellen, dass sie den Anforderungen im Betrieb standhalten. Das Material ist nun formbeständig und gleichzeitig sehr dehnbar und hochelastisch.
Jeder Bestandteil in einer Mischung hat seine bestimmte Rolle:
Die Kautschuke geben die Elastizität des vulkanisierten Gummis, der nach der Vulkanisation formbeständig und elastisch ist, so dass dieses Material Hunderttausende von Deformationszyklen ohne Ermüdung, Bruch oder Formänderungen besteht.
Die Füllstoffe geben diesen Mischungen höhere Festigkeit und niedrige Rissfortpflanzung – beides wird im Reifen gebraucht.
Vulkanisationszuschläge, typischerweise Schwefel und Beschleuniger, verbinden während der Vulkanisation die Elastomere der Rohmischung zu dem gewünschten Material. Rohgummimischungen sind weich und deformierbar.
Weichmacher erlauben eine leichte Verarbeitung der Rohmischung, und nach der Vulkanisation geben sie der Mischung genau die erwünschte Steifigkeit.
Alterungsschutzmittel erhalten die eingestellten Eigenschaften über lange Zeit konstant. Sie werden fast allen Mischungen zugesetzt, weil Sauerstoff auch in den Mischungen - wenn auch in geringer Konzentration - präsent sind.
4.3.2 Mischungseigenschaften der Reifenbestandteile
Seitenwand
Die Seitenwandmischung muss sehr ermüdungsbeständig sein und gleichzeitig abriebsfest und beschädigungsresistent. Zuschläge als Alterungsschutz (auch gegen Ozon), die sich auch in den anderen Reifenmischungen befinden, sind hier hochdosiert.
Kernreiter
Der Kernreiter sitzt über dem Wulstkabel (oder Wulstkern). Kernreitermischungen sind sehr fest und relativ hart, häufig durch die gewählten Füllstoffe wie auch durch ein höherdosiertes Vulkanisationssystem, das einen höheren Vernetzungsgrad und damit Härte und Festigkeit erreicht.
Drahthaftmischung
Alle Stahldrähte und Kabel im Reifen, im Wulstkern, dem Gürtel oder auch der Karkasse eines Vollstahlreifens müssen sich mit der umgebenden Mischung fest verbinden, so dass sie als ein Verbund arbeiten. Dazu werden oft die Stahldrähte mit Messing oder Bronze beschichtet. Erst dann werden sie mit der Drahthaftmischung zu Bauteilen geformt, die wiederum zu einem Reifenrohling zusammengesetzt werden. Eine Drahthaftmischung ist relativ fest, durch einen hohen Naturgummianteil rissbeständig und erreicht eine feste Anbindung an die Messing- oder Bronzebeschichtung durch spezielle Harzzuschläge und einen hohen Schwefelanteil. Diese dauerhafte Anbindung bildet sich bei der Vulkanisation aus.
Innenschicht / Innerlinermischung
Eine undurchlässige Gummischicht im gesamten Reifeninneren ersetzt bei modernen Reifen den Schlauch, sie bildet einen "eingebauten Schlauch". Eine solche Mischung muss nicht nur sehr ermüdungsbeständig sein, sondern soll auch über Monate hinweg so wenig Druck wie möglich verlieren. Das wird durch eine Mischung erreicht, die Butyl(derivat)kautschuk enthält.
Karkassenmischung
Die Karkasse arbeitet als Verbund zwischen den Kordlagen, die die Festigkeit und Kraftübertragung garantieren, und einer Gummimischung, die die parallelen Korde umhüllt. Die Kordmischung muss daher aufgrund der ständigen Deformation des Reifens ermüdungsbeständig sein, was meist durch einen Natur-/ Synthesekautschukverschnitt erreicht wird, sich gleichzeitig aber auch mit den Korden fest verbinden. Dazu werden die Korde nach der Verzwirnung mit Gummi beschichtet. Die so ausgerüsteten Korde werden mit der unvulkanisierten Gummimischung belegt. Harzsysteme in den speziellen Mischungen reagieren dann während der Vulkanisation mit der Kordausrüstung zu einem dauerhaften Verbund, der ein Reifenleben lang hält.
4.3.3 Reifenarten
Sommerreifen
Sommerreifen sind für trockene und nasse Straßenverhältnisse ausgelegt und überwiegende Temperaturen oberhalb 0°C. Die Profilstruktur besteht aus kompakten, steifen Blöcken. Typische Sommerreifenmischungen basieren auf Synthesekautschuken, Reifen mit hohem Anspruch enthalten Kieselsäure als Füllstoff.Winterreifen
Gegenüber Sommerreifen liegt das Einsatzgebiet bei Winterreifen bei niedrigeren Temperaturen, und die Reifen müssen deutlich bessere Eigenschaften bei Schnee und Eis aufweisen. Neben einer auf tiefere Temperaturen eingestellten Laufflächenmischung wird dies durch eine spezielle Profilgestaltung erreicht, die eine Vielzahl von sehr feinen Lamellen aufweist. Typische Winterreifenmischungen basieren ebenso wie die Sommereifenmischungen hauptsächlich auf Synthesekautschuken oder enthalten einen Zuschlag von Naturkautschuk. Durch eine gezielte Auswahl der Kautschuke erhält man Mischungen, die auch bei niedrigen Temperaturen griffig bleiben und auch auf Eis und Schnee gute Traktion zeigen.Ganzjahresreifen
Mit Ganzjahresreifen bezeichnet man eine Gattung von Reifen, die für den Einsatz in allen Jahreszeiten gedacht ist. Sowohl die Laufflächenmischung als auch das Profil sind so gestaltet, dass ein möglichst ausgewogener Kompromiss der Anforderungen sowohl im Sommer als auch im Winter erzielt wird.5 Reifenkennzeichnung
Die Reifenseitenwand enthält eine Vielzahl von Angaben, die entweder aufgrund gesetzlicher Vorgaben (in Europa oder in anderen Staaten) vorhanden sein müssen oder herstellerspezifische Informationen beinhalten.
Gemäß UN-Regelung 30 (siehe 2.3.1) müssen folgende Angaben auf den Seitenwänden vorhanden sein: Reifengröße, Reifenbauart, Tragfähigkeit, Geschwindigkeitskategorie und Markenname. Das Bild zeigt ein Beispiel für eine Seitenwandbeschriftung.
Beispiel für die Beschriftung einer Pkw-Reifenseitenwand
Typische Kennzeichnungen eines Reifens am Beispiel eines 215/55 R 17 (Bild):
- Markenname
- Handelsbezeichnung
- Größenbezeichnung
- Tragfähigkeitskennzahl (Load Index, 94 = 670 kg)
- Geschwindigkeitssymbol (W=270km/h)
- Struktur
- Kennzeichnung von schlauchlosen (oder Schlauch-)Reifen
- Kennzeichnung von Extra Load oder verstärkten Reifen (sofern anwendbar)
- Matsch & Schnee (sofern anwendbar)
- Alpine-Symbol (Bergpiktogramm mit Schneeflocke, sofern anwendbar)
- Produktionsdatum (Woche/Jahr)
- UN Typgenehmigungskennzeichnung und -nummern
- Kennzeichnung der Umdrehungsrichtung (sofern anwendbar)
- Herstellungsland
- Kennzeichnung der Lage der Laufflächen-Abriebs-Indikatoren
- Reifenidentifikationsnummer2 (bestehend aus Werkscode, Größencode und Typencode)
- Symbol, dass die Einhaltung der Anforderungen des US-Verkehrsministeriums DOT anzeigt
- Kennzeichnung des maximalen Fülldrucks und der Tragfähigkeit
- Kennzeichnung der Anzahl und Materialien der Verstärkungslagen
- Kennzeichnung der US-amerikanischen einheitlichen Reifenqualitätsklassifizierung
- Regionale Typgenehmigungskennzeichen (sofern anwendbar)
- Markierung für Reifenaussenseite (sofern anwendbar)
5.1 Größenbezeichnung und Betriebskennung
Die Größenbezeichnung eines Pkw-Reifens enthält die Reifenbreite, das Höhen-/Breiten-Verhältnis in %, die Bauart und den Felgendurchmesser. Die Betriebskennung muss direkt hinter der Reifengrößenbezeichnung stehen und gibt die Tragfähigkeit und die maximal zulässige Geschwindigkeit eines Reifens an.
Beispiel: 215/55 R 17 94 W
- 215 nominelle Reifenbreite in mm
- 55 Höhen-/Breiten-Verhältnis in %
- R Reifentyp (Radial)
- 17 Code für den Felgendurchmesser
- 94 Tragfähigkeitskennzahl (670 kg)
- W Geschwindigkeitssymbol (270 km/h)
5.1.1 Tragfähigkeitskennzahl
Die Tragfähigkeitskennzahl (Load Index – LI) gibt in verschlüsselter Form die maximale Norm-Tragfähigkeit eines Reifens bei einem Referenzluftdruck an (i.d.R. 250 kPa bei Standard Load Reifen). Abhängig vom Geschwindigkeitssymbol des Reifens und den Fahrzeugdaten (Radsturz und Höchstgeschwindigkeit) sind Tragfähigkeitsabschläge vorzunehmen. Abschläge sind eventuell auch bei der Verwendung von Winterreifen zu berücksichtigen. Einzelheiten zur Berechnung der Tragfähigkeit enthalten die wdk-Leitlinien. Reifen in verstärkter Ausführung (gekennzeichnet mit "XL" oder "REINFORCED") erlauben eine höhere Tragfähigkeit bei gleichzeitig erhöhtem Luftdruck (Referenzdruck i.d.R. 290 kPa).
Tragfähigkeitskennzahlen für Pkw-Reifen
5.1.2 Geschwindigkeitskennzeichnung
Die Geschwindigkeitskennzeichnung gibt in verschlüsselter Form die Reifenhöchstgeschwindigkeit an, bei welcher der Reifen die der Tragfähigkeits-Kennzahl entsprechende Tragfähigkeit bei den vom Reifenhersteller angegebenen Einsatzbedingungen hat (Ausnahme: Geschwindigkeiten über 210 km/h, s.u.):
Geschwindigkeitssymbol | Reifenhöchstgeschwindigkeit (km/h) |
---|---|
F | 80 |
G | 90 |
J | 100 |
K | 110 |
L | 120 |
M | 130 |
N | 140 |
P | 150 |
Q | 160 |
R | 170 |
S | 180 |
T | 190 |
U | 200 |
H | 210 |
V | 240 |
W | 270 |
Y | 300 |
Abhängig vom Geschwindigkeitssymbol und der Fahrzeughöchstgeschwindigkeit ist die maximale Tragfähigkeit auf weniger als 100 % der der Tragfähigkeits-Kennzahl entsprechenden Tragfähigkeit begrenzt.
Fahrzeughöchstgeschwindigkeit (km/h) | H | V | W | Y |
---|---|---|---|---|
210 | 100 | 100 | 100 | 100 |
220 | 97 | 100 | 100 | |
230 | 94 | 100 | 100 | |
240 | 91 | 100 | 100 | |
250 | 95 | 100 | ||
260 | 90 | 100 | ||
270 | 85 | 100 | ||
280 | 95 | |||
290 | 90 | |||
300 | 85 |
Abhängigkeit der maximalen Tragfähigkeit (in Prozent der der Tragfähigkeits-Kennzahl entsprechenden Tragfähigkeit) von der Fahrzeughöchstgeschwindigkeit und dem Geschwindigkeitssymbol
Reifen, die für Geschwindigkeiten über 300 km/h zugelassen sind, werden mit dem Reifentyp "ZR" und der Betriebskennung (mit Geschwindigkeitssymbol Y) in Klammern gekennzeichnet (z.B. "215/55 ZR 17 (94Y)"). Die Betriebsbedingungen für diese Reifen (einschließlich der erlaubten Maximalgeschwindigkeit, der Tragfähigkeiten und der relevanten Fülldrücke) müssen bei dem Reifenhersteller erfragt werden.
6 Reifenprofile
Reifenprofile können sich in ihrer Profilgestaltung stark unterscheiden. Drei Gestaltungsformen sind anzutreffen:
• Symmetrische
• Richtungsgebundene
• Asymmetrische
Es überwiegt die symmetrische Profilgestaltung, d. h. die Montagerichtung ist profilunabhängig. Um bestimmte Eigenschaften zu optimieren, werden Profile aber auch richtungsgebunden oder asymmetrisch ausgelegt. Es wird empfohlen, solche Reifen entsprechend der auf der Seitenwand gegebenen Hinweise zu montieren. Bei richtungsgebundenen Reifen gibt ein Pfeil die Laufrichtung an, bei asymmetrischen Reifen sind diese mit der Aufschrift "Außenseite" oder "außen" oder "outside" beschriftet.
Richtungsgebundenes Profil – der Pfeil sollte beim montierten Reifen in die Laufrichtung zeigen
outside asymmetrisches Profil – die Kennzeichnung "outside" muss beim montierten Reifen auf der Reifenseitenwand eingeheizt sein
7 Sommer- und Winterreifen
Reifen müssen ihre Aufgaben bei den unterschiedlichsten Randbedingungen erfüllen. Im Sommer bei Trockenheit und Nässe, im Winter zusätzlich bei Schnee und Eis. Jahreszeitlich bedingt schwanken die Temperaturen von über +30°C bis unter -20°C.
Um diese Aufgabe möglichst optimal erfüllen zu können, werden Reifen unterschiedlich ausgelegt. Sommerreifen besitzen eine überwiegend steife Profilstruktur und auf Trockenheit und Nässe sowie höhere Temperaturen ausgelegte Laufflächenmischung. Winterreifen unterscheiden sich demgegenüber durch ein stark lamelliertes Profil und eine stark auf Schnee und Eis sowie tiefere Temperaturen ausgelegte Mischung. Beispiele für typische Profile von Sommer- und Winterreifen zeigt (Bild) .
8 Sicherheit
Die Sicherheit eines Fahrzeuges wird durch die Kräfte bestimmt, die zwischen Reifen und Fahrbahn übertragen werden können. Fahrzeugkonzept und die Auslegung des Fahrwerks bestimmen, wie weit man sich den durch Reifeneigenschaften und Fahrbahnbeschaffenheit vorgegebenen physikalischen Grenzen annähern kann.
Kräfte treten beim Fahren in Längs- (Bremsen und Beschleunigen) und in Querrichtung (Kurvenfahrt) auf, außerdem in Hochrichtung (Radlasten).
Haftbeiwert µL = FL/FN µS = FS/FN µS = Schräglaufwinkel
Kräfte am Reifen
FN: auf die Straße übertragene Aufstandskraft - Last
FL: auf die Straße übertragbare Längskräfte - beim Bremsen/Beschleunigen
FS: auf die Straße übertragbare Seitenkräfte - bei Kurvenfahrt
8.1 Fahrbahnbeschaffenheit
Welche Kräfte übertragen werden können, d.h. wie stark gebremst und beschleunigt bzw. mit welcher Geschwindigkeit eine Kurve durchfahren werden kann, ist sehr stark abhängig von der Fahrbahnbeschaffenheit. Bei trockener und griffiger Fahrbahn sind die übertragbaren Kräfte am größten, bei Eis (um 0°C) und bei Aquaplaning am geringsten. Der µ-Wert, der so genannte Haftreibbeiwert oder auch Reibungskoeffizient (das Verhältnis der übertragbaren Kräfte zur Radlast), ist das Maß für die Griffigkeit einer Fahrbahn. Bei trockener Fahrbahn kann der µ-Wert über 1 liegen, bei vereister Straße kann er bis auf 0,1 absinken, also auf 10% des Wertes bei trockener Fahrbahn!
8.1.1 Trocken
Bei trockenen Fahrbahnen ist die Abhängigkeit des Haftbeiwertes von der Art des Fahrbahnbelages relativ gering und kann über 1 liegen. Ganz anders sieht dies bei nassen Straßen aus.
8.1.2 Nass
Der Begriff "nasse Fahrbahn" umfasst eine weite Spanne, die bei einer feuchten Fahrbahn beginnt und im Extremen, bei einer stark bewässerten Fahrbahn endet. Je höher der Wasserfilm, desto geringer sind die Kräfte, die der Reifen noch übertragen kann. Besonders niedrig ist die Griffigkeit bei sehr glatten Oberflächen, z.B. auf mit Bitumen ausgebesserten Stellen (Bild).
8.1.3 Aquaplaning
Aquaplaning (Wasserglätte) ist eine Situation, bei der der Reifen auf einem Wasserfilm aufschwimmt und den Kontakt zur Straße verliert. Die Gefahr von Aquaplaning erhöht sich mit steigender Wasserhöhe und Geschwindigkeit sowie mit sinkender Profiltiefe.
Aquaplaning: der Kontakt zur Fahrbahn geht mehr oder weniger verloren.
8.1.4 Schnee/Eis
Schnee kann in seiner Beschaffenheit sehr unterschiedlich sein. Leichter, pulvriger Neuschnee oder schwerer, kompakter Nassschnee; aber auch eine festgefahrene Schneedecke. Dementsprechend weit auseinander können die Haftbeiwerte liegen. Sie können zwischen 0,15 und 0,3 variieren und erlauben somit nur noch 15% - 30% der Kräfte zu übertragen, die bei trockener Fahrbahn möglich sind. Dabei ist das Haftniveau umso höher, je weiter die Temperatur unter 0°C fällt.
Eis ist besonders kritisch bei Temperaturen um 0°C. Grund hierfür ist, dass Eis unter Druck schmilzt, wodurch sich unter dem Reifen ein Wasserfilm bildet, der die Haftung stark reduziert. Bei tiefen Temperaturen (-10°C - -30°C), so wie sie häufig in Skandinavien anzutreffen sind, steigt die Griffigkeit deutlich an. Haftbeiwerte bis zu 0,25 können erreicht werden.
8.2 Profiltiefe
Mit abnehmender Profiltiefe sinkt die Fähigkeit des Reifens, Wasser aufzunehmen und somit die Gefahr von Aquaplaning. Bei geringen Profiltiefen sogar überproportional.
Die gesetzliche Mindestprofiltiefe beträgt 1.6 mm für die Hauptprofilrillen (ca. 3/4 der Laufflächenbreite).
In den Profilrillen sind Erhöhungen angebracht, deren Lage auf der Seitenwand mit einem TWI markiert sind (Tread Wear Indicator - Verschleißanzeiger).
Sie zeigen an, dass die Mindestprofiltiefe erreicht ist, wenn der Reifen so weit abgefahren ist, dass sie auch Abriebspuren zeigen.
9 Umweltaspekte
9.1 Fahrwiderstände
Bei einem mit konstanter Geschwindigkeit fahrenden Automobil muss der Fahrer, um das Tempo halten zu können, das Gaspedal um ein bestimmtes Maß niederdrücken. Dieser Vorgang verbraucht Kraftstoff und somit Energie. Nimmt der Fahrer das Gas weg und legt den Leerlauf ein, kommt das Fahrzeug aufgrund der einwirkenden Fahrwiderstände irgendwann unweigerlich zum Stehen – selbst auf völlig glatter Fahrbahn.
Es gibt fünf große Gruppen von Fahrwiderständen:
* Rollwiderstandskräfte,
* Aerodynamische Kräfte (Luftwiderstand),
* Reibungswiderstände in beweglichen Teilen,
* Gravitationskräfte (Hangabtriebskräfte),
* Trägheitskräfte (beim Beschleunigen/Bremsen).
Der Fahrwiderstand bildet die Summe aller Kräfte, die der Vorwärtsbewegung eines Fahrzeugs entgegenwirken. Dieser Widerstand muss unter Einsatz von Energie (Kraftstoff) überwunden werden. Wir unterscheiden in fünf Arten von Fahrwiderstandskräften:
* Rollwiderstandskräfte (FRR),
* Aerodynamische Kräfte (FAero),
* Fahrzeuginnere Reibungskräfte (FReib),
* Gravitationskräfte (FG) an Steigungen,
* Trägheitskräfte (FTräg) beim Beschleunigen.
Die Summe aller dieser Kräfte führt zum Gesamt-Fahrwiderstand (FFW).
9.2 Rollwiderstand
Im Gegensatz zum starren Metallrad gibt der Luftreifen nach: Er passt sich den Unregelmäßigkeiten des Untergrunds an und verbessert so die Haftung und den Abrollkomfort. Während sich das Metallrad nur an einem einzigen Punkt in Kontakt mit dem Boden befindet, bildet sich unter dem Reifen eine Kontaktfläche aus. Die Bodenreaktionskräfte auf den Reifen verteilen sich über diese Fläche. Werden nun diese senkrecht wirkenden Kräfte gemessen, stellt man fest, dass diese im vorderen Bereich der Kontaktfläche größere Beträge annehmen als im hinteren. Die auf eine Kraft reduzierte Summe dieser Kräfte (Reaktionskraft - Z) greift folglich im vorderen Teil der Kontaktfläche an, also vor dem Drehpunkt des Rades. Aus diesem Kräfteversatz entsteht ein Moment, das der Rollbewegung bremsend entgegenwirkt.
Wiederum gilt, dass diese Kraft der bei der Verformung eingesetzten Energie entspricht. Diese Kraft heißt "Rollwiderstandskraft" (FRR).
Der Rollwiderstand ist definiert als streckenbezogener Energieverlust eines Reifens. Der von den visko-elastischen Materialeigenschaften des Reifengummis verursachte Energieverlust macht sich durch eine Hitzeentwicklung bei der Verformung des Reifens bemerkbar. Der hierfür erforderliche Energieaufwand äußert sich in Form des Rollwiderstands, der der Vorwärtsbewegung des Fahrzeugs entgegengerichtet wirkt.
Die Rollwiderstandskraft eines Fahrzeugs hängt von Kenngrößen der Reifen und vom Fahrzeuggewicht (= Summe aller Radlasten, Z) ab.
Der Rollwiderstand eines Reifens lässt sich durch den Rollwiderstandskoeffizienten cRR ausdrücken:
Gemäß Definition stellen Koeffizienten dimensionslose Kennzahlen dar. In diesem Fall werden die Beträge für die Kräfte FRR und Z in Newton, für den Rollwiderstandskoeffizienten cRR hingegen dimensionslos angegeben, was dem internationalen SI-Einheiten-System entspricht; cRR kann darüber hinaus in Prozent (seltener in Promille) angegeben werden.
Gelegentlich werden nicht ganz korrekt FRR in Kilogramm und die Radlast in Tonnen angegeben. In diesem Fall bezeichnet der Rollwiderstandskoeffizient cRR das Verhältnis kg/t, ist also nicht mehr dimensionslos. Ein Betrag von 0,012 entspricht dann einem Koeffizienten von 12 kg/t.
Der Ausdruck "12 kg/t" bedeutet für den Fall einer Radlast von 1 Tonne, dass die Rollwiderstandskraft einen Wert von rund 120 N annimmt.
9.3 Reifen-/Fahrbahngeräusch
Beim Abrollen des Reifens auf der Straßenoberfläche entstehen Geräusche (Reifen-/Fahrbahngeräusche), die sowohl durch die konstruktive Auslegung des Reifen als auch durch bautechnische Auslegung der Straße beeinflusst werden können.
Das Reifenabrollgeräusch entstammt hauptsächlich zwei Quellen, nämlich:
* der Rauigkeit der Fahrbahnoberfläche,
* dem Laufflächenprofil des Reifens.
Diese beiden Quellen erzeugen Schwingungen in:
* der Reifenstruktur,
* der im Reifen eingeschlossenen Luft,
* der vom Profil mitgerissenen Umgebungsluft.
Auf zweierlei Art können diese Schwingungen vom Menschen wahrgenommen werden:
* entweder durch eine Schwingungsanregung der Umgebungsluft (Luftausbreitung),
* oder durch Schwingungsanregung der hierfür empfänglichen Fahrzeugteile (strukturbedingte Übertragung). Diese können nun ihrerseits die Umgebungsluft anregen, was die bekannten Geräusche erzeugt.
Von dieser Geräuschentwicklung sind Personen inner- oder außerhalb eines Fahrzeugs betroffen.
Das Geräusch wird in dB(A) - Dezibel A - ausgedrückt - eine logarithmische Skala. Eine Veränderung von 3 dB(A) entsprechen einer Verdoppelung oder Halbierung des Geräuschs.
Subjektiv nimmt das menschliche Ohr eine Veränderung um ca. 10 dB(A) als eine Halbierung oder Verdoppelung des Geräuschpegels wahr.
9.3.1 Reifen
Die Gestaltung des Reifenprofils ist ein wesentlicher Einflussfaktor für die Höhe des Geräuschpegels. Moderne Pkw-Reifen weisen gegenüber profillosen Reifen nur noch einen Unterschied von ca. 3 dB(A) auf. Das zukünftige Minderungspotential heutiger Reifenprofile ist deshalb nur noch gering.
Zwischen der Wahrnehmung des Reifengeräuschs im Inneren des Fahrzeugs durch den Fahrer und dem Außengeräusch, wie es von Passanten oder Anwohnern wahrgenommen wird, gibt es keine direkte Korrelation. Im Fahrzeuginnenraum als leise empfundene Reifen müssen nicht leise im Außengeräusch sein und umgekehrt. Grund dafür ist die Fahrgastzelle, die vom Reifen angeregt wird und Schwingungen so modulieren kann, dass sie von den Fahrzeuginsassen sehr differenziert wahrgenommen werden.
Reifen müssen die abgesenkten Geräuschgrenzwerte nach ECE R 117 spätestens ab Produktionsdatum November 2016 einhalten. Diese sind gestaffelt nach dem Höhen-/Breitenverhältnis der Reifen, die zwischen 70 und 74 dB(A) liegen (Bild). Für verstärkte ("reinforced" / "extra load") -Reifen und Reifen, die ein Schneeflockensymbol tragen, gelten um 1 dB(A) höhere Grenzwerte. Gemessen wird der rollende Reifen bei 80 km/h auf einer standardisierten ISO Messstrecke (ISO 10844) nach einer exakt festgelegten Messprozedur.
9.3.2 Fahrbahn
Fahrbahnen weisen unterschiedliche Strukturen auf, die das Reifen-/Fahrbahngeräusch stark beeinflussen. Je nach Beschaffenheit, fein oder grob, rau oder glatt, ändert sich auch der Geräuschpegel mehr oder minder stark. In der Praxis weisen Fahrbahnen Unterschiede von bis zu 10 dB(A) auf, was eine Halbierung oder Verdoppelung der subjektiven Geräuschwahrnehmung bedeutet.
Die Zusammensetzung des Mischgutes bestimmt zum großen Teil, wie laut oder wie leise eine Fahrbahn ausfällt. So z. B. der Steintyp, hart oder weich, und dessen Oberfläche, die glatt oder rau sein kann. Außerdem ist die Mischgutzusammensetzung von Bedeutung. So u. a. die Verteilung der Steingröße, der Anteil von Zusatzstoffen, die Art der Bindemittel (z. B. Bitumen). Zudem spielt der Hohlraumgehalt der Fahrbahndecke eine Rolle. Letztendlich beeinflusst auch noch die Art des Einbaus die Geräuschqualität der Straßendecke.
Im Gegensatz zu Reifen gibt es beim Bau von Straßen bisher keine Vorgaben für den maximalen Geräuschpegel der Fahrbahndecke.
10 Reifenmontage
10.1 Räder
10.1.1 Radaufbau
Ein Rad besteht aus Radschüssel und Felge.
1. Maulweite (Code-Bezeichnung, früher: Zoll)
2. Tiefbett
3. Nenndurchmesser (Code-Bezeichnung, früher: Zoll)
4. Mittelbohrung (mm)
5. Lochkreisdurchmesser (mm)
6. Anlagefläche
7. Einpresstiefe (mm)
8. Felgenhorn (Ausführung, Höhe)
9. Radmittenebene
10. Felgenschulter (kurz, lang)
11. Humps
10.1.2 Einpresstiefe
Die Einpresstiefe ist der Abstand der Felgenmitte zum Radflansch.
10.1.3 Hornform
10.1.4 Radkennzeichnung
Räder sind mit einer Kennzeichnung versehen, die Angaben zum Hersteller, zum Felgendurchmesser und der -breite sowie der Einpresstiefe geben.
10.2 Ventile
10.2.1 Snap-in-Ventil (Gummiventil)
Snap-in-Ventile sind die am häufigsten verwendete Ventilart. Sie bestehen aus einem Ventilkörper, der mit Gummi ummantelt ist. Es ist darauf zu achten, dass sich das Snap-in-Ventil im Fahrbetrieb durch die Fliehkräfte nicht verformt, da es als Folge zu Luftdruckverlusten kommen kann. Eine entsprechende Abstützung an der Felge oder eine geeignete Ausformung der Radkappe kann diese Aufgabe übernehmen. Der sicherste Weg ist der Einsatz von Metallventilen.
10.2.2 Metallventil
Metallventile sollten immer dann eingesetzt werden, wenn starke Bewegungen am Ventil auftreten können und eine entsprechende konstruktive Vorkehrung nicht vorgesehen ist (z.B. Ventilstütze).
10.3 Montage und Demontageanleitung
Link zur wdk Montage- und Demontageanleitung:
10.4 Auswuchten
Reifen und Räder sind keine homogenen Gebilde, sondern weisen am Umfang unterschiedliche Materialstärken und -massen auf. Außerdem weichen sie mehr oder weniger vom Ideal, dem Kreis, ab. Dies erzeugt Unwucht, die, abhängig von deren Höhe, beim Fahren Vibration im Lenkrad, im Sitz oder im Innenraumbereich verursachen kann. Um Unwuchten auszugleichen, wuchtet man die Rad-/Reifeneinheit aus.
11 Lenkraddrehschwingungen und Vibrationen
Vibrationen im Fahrzeug können auf unterschiedliche Art und Weise ausgelöst werden, z.B.:
• Welligkeit der Straße (Anregung durch Straße in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit)
• Ungleichförmigkeiten der Rad-/Reifeneinheit,
• Höhen-/Seitenschlag der Felge
• Höhen-/Seitenschlag bzw. Radial-/Seitenkraftschwankungen des Reifens
• schlechter Sitz des Reifens auf der Felge
• mangelhafte Radzentrierung.
• unsachgemäße Befestigung des Rades.
Bemerkbar machen sich die Ungleichförmigkeiten durch Lenkraddrehschwingungen, Vibrationen im Sitz oder im Fahrzeugunterbau (Bild).
Ursache für Lenkraddrehschwingungen und Vibrationen sind Unwuchten des Rad-/Reifenzusammenbaus oder des Antriebsstrangs einschließlich Bremstrommel/-scheibe und Radnabe. Lenkraddrehschwingungen werden durch Unwuchten an der Vorderachse angeregt, Vibrationen von der Hinterachse. Vibrationen machen sich im Fahrzeugfußraum und im Sitz bemerkbar. Bei welcher Geschwindigkeit die Störungen auftreten, hängt von der Achskonstruktion ab.
Um Vibrationen zu minimieren, sind folgende Voraussetzungen einzuhalten:
• saubere Felgensitzflächen und einwandfreier Sitz des Reifenwulstes auf beiden Seiten und dem gesamten Umfang des Felgenhorns.
11.1 Reifenungleichförmigkeiten
Reifenungleichförmigkeiten können einen rotierenden Reifen genau wie die Fahrbahnoberfläche über ein breites Frequenzspektrum in Schwingung versetzten.
Unterhalb von 30Hz: Reifen schwingt nicht, übertragene Kräfte hängen von Radialsteifigkeit ab.
Zwischen 30 und 250Hz: Reifen schwingt bei bestimmten Frequenzen in seiner Eigenfrequenz. Charakteristisch für diesen Frequenzbereich sind vor allem Vibrationen, welche deutlich bei bestimmten Geschwindigkeiten im Fahrzeuginneren spürbar sind (z.B. Lenkradzittern).
Oberhalb 250Hz: Reifen gerät nur vor und hinter der Kontaktfläche in Schwingungen. In diesem Frequenzbereich können anstatt Vibrationen deutlich steigende Geräuschpegel im Fahrzeuginneren entstehen.
11.1.1 Kraftschwankungen
11.1.2 Geometrische Abweichungen
Höhen- und Seitenschlag beschreiben die geometrischen Abweichungen eines Reifens in Umfangs- und Querrichtung. In der Endkontrolle wird jeder Reifen vor der Auslieferung auf einer speziellen Rundlaufprüfmaschine überprüft.
11.2 Befestigung des Rades
Die Zentrierung und Befestigung des Rades kann entweder durch eine Mitten- oder Bolzenzentrierung erfolgen.
11.2.1 Mittenzentrierung
Beim Prinzip der Mittenzentrierung wird das Rad über eine sehr enge Toleranz zwischen Radmittenloch und Radnabe ausgerichtet. Die Radschrauben haben ausschließlich die Aufgabe, den sicheren Halt des Rades an der Nabe zu gewährleisten.
11.2.2 Bolzenzentrierung
Bei der Bolzenzentrierung wird das Rad über die Bolzen des Radträgers sowohl zentriert als auch mit Hilfe der Radmuttern befestigt.
11.3 Auswuchtmittel
Auf dem Markt werden Auswuchtmittel in gelartiger, körniger, pulvriger oder viskoser Form angeboten. Der Hersteller der Auswuchtmittel trägt die Verantwortung bezüglich der Verträglichkeit des eingesetzten Mittels mit dem entsprechenden Reifen.
12 Fahrwerksgeometrie
Die Fahrwerksgeometrie bestimmt das Fahrverhalten eines Fahrzeuges. Durch die konstruktive Auslegung von Spur, Sturz und Nachlauf können der Geradeauslauf und Ansprechverhalten beeinflusst werden, gleichzeitig aber auch das Verschleißverhalten der Reifen.
12.1 Statisch
12.1.1 Spur
Spur nennt man den Winkel zwischen der Fahrzeuglängsachse und Radachse des Fahrzeuges (Bild). Ist der Winkel nach innen gerichtet, spricht man von Vorspur, ist er nach außen gerichtet, von Nachspur. Die Angaben zur Spur beziehen sich auf ein stehendes Fahrzeug.
12.1.2 Sturz
Als Sturz bezeichnet man die Neigung des Rades um die Hochachse des Fahrzeuges (Bild). Positiver Sturz liegt vor, wenn der Winkel nach außen, negativer Sturz, wenn der Winkel nach innen gerichtet ist.
12.2 Dynamisch
Während der Fahrt federt ein Fahrzeug ein und aus und es wirken Kräfte beim Bremsen, Beschleunigen und bei Kurvenfahrt. Spur und Sturz behalten daher nicht ihren voreingestellten statischen Wert, sondern ändern sich permanent. Wie stark, das hängt von der Fahrweise und vom Streckenprofil ab.
Starke Krafteinwirkungen, wie z.B. bei zu schnellem Überfahren von Schlaglöchern oder Schwellen, können die vom Fahrzeughersteller vorgegebenen Spur- und Sturzeinstellungen verändern und zu abnormalen Verschleißbildern und Schäden am Reifen führen. Auch zu geringe Steifigkeiten der Achskonstruktion und der Verschleiß von Achskomponenten können mit zunehmender Laufleistung Auslöser dafür sein.
Die Variationsbreite der Veränderungen im Fahrbetrieb macht deutlich, dass die individuelle Fahrweise und das Streckenprofil (Stadt, Landstraße, Autobahn) das Verschleißverhalten eines Reifen stark beeinflussen können.
13 RDKS (Reifen Druck Kontroll System)
Informationen zu diesem Thema werden bald ergänzt.14 Reifenpflege
14.1 Luftdruck
Die meisten Reifenschäden werden durch falschen Luftdruck verursacht oder verstärkt. Der Luftdruck beeinflusst auch die Straßenlage eines Fahrzeuges.
Der vom Fahrzeug- und Reifenhersteller vorgeschriebene Luftdruck ist in der Bedienungsanleitung des Fahrzeugs und an ins Auge fallenden Stellen, z.B. in der Tankklappe, im Handschuhfach oder an anderer Stelle, vermerkt. Er ist möglicherweise für verschiedene Auslastungen und Betriebsbedingungen unterschiedlich. Der Luftdruck ist vor der Fahrt einzustellen. Er gilt stets für den kalten Reifen. Ein Luftdruckanstieg durch betriebsbedingte Erwärmung ist normal. Der Luftdruck darf dann nicht reduziert werden.
Es ist zu beachten, dass weniger der Reifen selbst trägt, sondern überwiegend die in ihm unter Überdruck eingeschlossene Luft. Zu geringer Luftdruck bedeutet übermäßige Verformung und damit starke Erwärmung des Reifens, die zur Zerstörung führen können. Der vorgeschriebene Luftdruck darf keinesfalls unterschritten werden.
Der für das Fahrzeug vorgeschriebene Luftdruck (kalt) sollte auch nicht wesentlich überschritten werden, weil das zu einer Verschlechterung des Fahrkomforts und einer Veränderung des Fahrverhaltens führt. Im Gegensatz zu einem zu hohen Luftdruck fördert ein zu niedriger eher ein ungleiches Abriebsbild. Für die Strukturfestigkeit der Reifen und Felgen darf ein Betriebsluftdruck von max. 3,5 bar (max. 3,8 bar für CT-Reifen und 4,2 bar für Notreifen (temporary spare-Reifen) nicht überschritten werden.
Der Luftdruck für Winter-/M+S-Reifen ist entsprechend der wdk-Leitlinie 99 oder den Angaben des Fahrzeugherstellers einzustellen. Oft weicht dieser von dem der Sommerreifen ab. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit und der zugehörige Luftdruck bei Winterreifen mit den Geschwindigkeitssymbolen V (240 km/h) und W (270 km/h) sind von den Fahrzeugbedingungen abhängig. Bitte fragen Sie den Reifenhersteller.
Bei Fahrzeugen im Hängerbetrieb (z.B. Wohnanhänger) ist an der Hinterachse des Zugfahrzeuges der vom Fahrzeughersteller empfohlene max. Reifenluftdruck um 0,5 bar zu erhöhen, jedoch nicht über 3,2 bar (Q-, S- und T-Reifen) bzw. max. 3,5 bar (H-, V-, W-, Y- und ZR-Reifen) einzustellen.
Für SUV (Sport Utility Vehicles) werden für die Anwendung im Gelände mitunter Luftdrücke empfohlen, die zum Teil unter denen für den Straßeneinsatz liegen. Es ist darauf zu achten, dass bei Rückkehr auf öffentliche Straßen die vom Fahrzeughersteller für den Betrieb vorgeschriebenen Luftdrücke einzustellen sind.
Die Luftdrücke in den Reifen müssen in jedem Fall achsweise gleich sein. Das Ersatzrad sollte mindestens den Höchstluftdruck nach Betriebsanleitung haben. Es darf bei der Luftdruckkontrolle nicht vergessen werden.
Der Luftdruck ist mindestens einmal im Monat zu kontrollieren. Daneben empfiehlt es sich, den Luftdruck insbesondere vor Antritt jeder längeren Fahrt zusätzlich zu prüfen. Größere Luftverluste zwischen den Kontrollen deuten auf Schäden hin, die vom Fachmann festgestellt und behoben werden müssen.
Die Ventilkappen verhindern Undichtigkeiten durch eindringenden Staub und Schmutz. Die Kappen sind immer fest aufzuschrauben und bei Verlust sofort zu ersetzen. Vorzuziehen sind Ventilkappen mit Dichtring, weil sie im Gegensatz zu den reinen Staubschutzkappen eine zusätzliche Dichtfunktion haben.
Bei hohen Geschwindigkeiten (V-, W-, Y-, VR- und ZR-Reifen, insbesondere bei Geschwindigkeiten von 240 km/h und darüber) kann sich unter dem Einfluss der Zentrifugalkräfte der flexible Schaft von Gummiventilen (Snap-in-Ventilen) übermäßig stark verbiegen. Dadurch können Luftverluste und Ventilbeschädigungen auftreten. In diesen Fällen sind von den Fahrzeugherstellern in der Regel Ventilabstützungen an der Felge angebracht.
Diese Funktion kann auch von einer zweckmäßig geformten Radkappe übernommen werden. Bei einem Felgenaustausch ist bei der Verwendung von Gummiventilen jedoch darauf zu achten, dass die Änderung des Ventilwinkels unter dem Einfluss der Zentrifugalkräfte nicht mehr als 25° betragen darf. Anderenfalls sind geeignete Ventilabstützungen anzubringen oder einschraubbare Ventile mit Metallfuß (Clamp-in-Ventile) zu verwenden.
14.2 Reifenlagerung
Der Lagerraum für Reifen soll kühl, trocken, dunkel und mäßig gelüftet sein. Demontierte Reifen sollten stehend, montierte Reifen übereinander gestapelt werden (Bild).
14.3 Reifenschäden und deren Ursachen
Überhöhte Beanspruchung wie Kavalierstarts, Bremsvorgänge mit blockierenden Rädern oder extreme Kurvengeschwindigkeiten ergeben immer einen erhöhten Verschleiß und gehen auf Kosten der Wirtschaftlichkeit des Reifens.
Die folgenden Schäden gefährden darüber hinaus die Verkehrssicherheit:
Luftdrucksünden, das heißt Fahren mit zu geringem Luftdruck, führen zu den oben schon beschriebenen übermäßigen Verformungen und Erwärmungen des Reifens, die bis zur Zerstörung gehen können. Schleichende Luftverluste können durch Fremdkörper, z.B. durchgestoßene Nägel, durch schadhafte Ventile oder durch beschädigte Felgen verursacht werden. Deshalb ist eine ständige Luftdruckkontrolle nötig und die Reifen sind in regelmäßigen Abständen auf eingedrungene Fremdkörper und Stichverletzungen zu untersuchen.
Stoßbeanspruchungen durch heftiges Überrollen von Hindernissen können zu Verletzungen des Reifenunterbaus führen. Diese Strukturschäden sind zu Beginn oftmals von außen nicht erkennbar, sondern weiten sich langsam aus und führen erst nach längerem Einsatz zu plötzlichen und dann für den Verbraucher unerklärlichen Ausfällen des Reifens.
Das Überfahren von Bordsteinkanten ist auf jeden Fall zu vermeiden. Bordsteine sind, wenn überhaupt, möglichst im rechten Winkel und langsam zu überfahren. Spitzwinkliges Überfahren kann neben dem schädigenden Einfluss auf die Gürtelkanten auch die Seitenwand verletzen und die Felge beschädigen.
Bei der Montage von Radkappen und Radzierringen ist darauf zu achten, dass ein ausreichender Freiraum zwischen Reifenseitenwand und Radkappe bzw. Radzierring gegeben ist, um unter allen Bedingungen (z. B. hohe Verzögerungen bzw. Querbeschleunigungen) einen Kontakt mit dem Reifen auszuschließen. Dies betrifft insbesondere Reifen, die mit einer Felgenschutzrippe ausgerüstet sind.
Prüfungen auf Fahrzeugprüfständen - Leistungs-/ und Bremsprüfständen - führen bei unsachgemäßer Handhabung zu sichtbaren und unsichtbaren Reifenschäden, z.B. durch versteckte Lösungen des Unterbaus. Letztere sind besonders gefährlich, weil sie erst später zu Ausfällen des Reifens führen können.
Bei der Verwendung von Hochdruckreinigungsgeräten zur Fahrzeugwäsche können Reifen beschädigt werden. Beim Reinigen mit einer Flachstrahldüse oder einem sogenannten Dreckfräser ist ein Mindestabstand von 20 cm einzuhalten. Reifen dürfen niemals mit einer Rundstrahldüse gereinigt werden. Wenn der Reifen unbeabsichtigt vom Wasserstrahl einer Hochdruckdüse berührt wurde, ist er sofort auf mögliche Oberflächenschäden zu untersuchen.
Für das Säubern von Reifen und Rad dürfen keine aggressiven Reinigungsmittel verwendet werden. Die Anwendung von Reinigungsmitteln und Sprays liegt in der Verantwortung des Anwenders bzw. des Herstellers von Reinigungsmitteln oder Sprays.
Es ist gefährlich, einen Reifenschaden unbeachtet zu lassen.
Wenn eine Beschädigung an einem Reifen zu sehen ist, wie z.B. eine Blase, ein Bruch oder ein Schnitt, dann muss dieser demontiert und so bald wie möglich von einem Reifenfachmann untersucht werden - auch wenn er äußerlich noch in Ordnung zu sein scheint - um festzustellen, ob er repariert werden kann.
Das Einlegen eines Schlauches zum Abdichten eines schlauchlosen Reifens, der z.B. durch eine Stichverletzung beschädigt wurde, ist unzulässig, da in den Stichkanal Feuchtigkeit und Schmutz eindringen und den Reifen zerstören können. Auch die Verwendung von Dichtungsmitteln ist bei Durchstichen aus Sicherheitsgründen nicht zulässig, da dann eine Kontrolle des Reifeninneren über das Ausmaß der Schädigung nicht mehr möglich ist.
14.4 Reifenverschleiß
Fahrzeugtyp (Front-/Heck- oder Allradantrieb) und die Radposition, aber auch das Streckenprofil und die persönliche Fahrweise können den Reifenverschleiß mehr oder weniger stark beeinflussen und zu unterschiedlichen Verschleißbildern führen. Bei heckgetriebenen Fahrzeugen sind Antriebsachse und Lenkachse getrennt, bei frontangetriebenen Fahrzeugen muss die Vorderachse sowohl die Lenk- als auch die Antriebs- und Bremskräfte übertragen. Bei allradgetriebenen Fahrzeugen wird die Antriebskraft auf beide Achsen verteilt, je nach Konzept mit unterschiedlichen Prozentsätzen. Mit der Einführung der Hinterachslenkung kommt eine weitere Variante hinzu. Einige Verschleißbilder und deren Ursachen werden nachfolgend beschrieben:
Abriebverhalten bei richtigen, zu hohen und zu niedrigen Luftdrücken
Bei Abweichungen vom für das Fahrzeug festgelegten Luftdrücken verstärkt sich bei Minderluftdruck der Abrieb auf der Reifenschulter und bei zu hohem Luftdruck der Mittenabrieb.
Als "Sägezahn" wird ein Abriebsbild bezeichnet, welches im Schulterbereich ein Aufstellen der Stollen zeigt (Bild 24). Im fortgeschrittenen Stadium können sich dadurch Vibrationen und Laufgeräusche einstellen. Durch rechtzeitiges Wechseln der Reifen von der Vorder- auf die Hinterachse lässt sich dies vermeiden oder zumindest begrenzen.
Weiter Informationen auch unter:15 Reifenreparatur
Beschädigungen von Reifen können zunächst nur Verletzungen im Bereich der Lauffläche und der Seitenwand sein; sie können aber bis auf bzw. in den Festigkeitsträger (Karkasse/Stahlgürtel) weiterreißen. Aus diesem Grund muss der Reifen so bald wie möglich nach Erkennen des äußeren Schadens zur Reparatur vorgelegt werden.
Reifenschäden mit Verletzungen des Festigkeitsträgers - Nagelloch, tiefer Schnitt, Durchschlag, Stoßbruch - sind besonders gefährlich, weil in der Zeit zwischen der Beschädigung und ihrer Entdeckung Schmutz und Feuchtigkeit unkontrolliert eindringen und zur dauerhaften Schädigung des Festigkeitsträgers führen können.
Bei durchgehenden Verletzungen kommt ein schleichender Luftverlust hinzu. Der Reifen wird mit zu geringem Luftdruck gefahren und überbeansprucht.
Durch all diese Einwirkungen kann der Reifen bereits nicht mehr reparaturwürdig sein, wenn der Schaden bemerkt wird. Wird er dennoch repariert, ist es trotz scheinbar fachgerechter Ausführung der Reparatur auch möglich, dass er nicht an der ursprünglichen Schadensstelle, sondern an einer anderen überbeanspruchten und daher vorgeschädigten Stelle ausfällt.
Aus den genannten Gründen müssen daher jeder Reifenreparatur sorgfältige Kontrollen durch den Fachmann vorausgehen. Nur er kann entscheiden, ob eine Reparatur möglich und ob der Reifen nach der Reparatur wieder voll einsatzfähig ist. Die Reparatur ist von einer Fachwerkstatt vorzunehmen. Diese trägt die Verantwortung für die Kontrollen und für die Arbeiten.
Reifen, die nicht mehr repariert werden können, sind zu verschrotten!
16 Reifenwechsel
Reifen sind zu ersetzen, wenn sie die gesetzliche Mindestprofiltiefe von 1,6 mm erreicht haben. Erkennen lässt sich dies an den Verschleißanzeigern - TWI (tread wear indicator), die an 6 Stellen am Reifenumfang quer über die Lauffläche verlaufen. Weisen die Profilblöcke in der Umgebung die gleiche Profilhöhe auf, hat das Profil die Restprofiltiefe von 1,6 mm erreicht, ist der Reifen zu ersetzen.
Reifen verschleißen unterschiedlich schnell, abhängig davon, ob sie auf einem front- oder heckgetriebenen Fahrzeug montiert sind. Um eine hohe Nutzungsdauer zu erreichen, sollten sie regelmäßig von vorne nach hinten – nicht über Kreuz – getauscht werden.
Sind aufgrund der Profiltiefe nur Neureifen an einer Achse erforderlich, so sollten die neuen Reifen, unabhängig von der Antriebsart (front- oder heckgetrieben), auf der Hinterachse montiert werden.
17 Reifensysteme
Neben den Standardreifen werden im Markt Reifensysteme angeboten, die begrenzte Notlaufeigenschaften bei einem Reifendruckverlust aufweisen, und sich daher ein unmittelbarer Reifenwechsel erübrigt. Diese Reifensysteme unterscheiden sich hinsichtlich des Reifenaufbaus und der Felgenkontur voneinander.
17.1 Standard-Reifen
Bei den Standard-Reifen handelt es sich üblicherweiser um Radial-Reifen.
17.2 Runflat-Reifen
Runflat-Reifen weisen gegenüber Standard-Reifen eine verstärkte Seitenwand auf. Damit wird bei Luftverlust die Einsenkung des Reifens vermindert. Im Extremfall, beim komplett entlüfteten Reifen, wird vermieden, dass die Reifen im Bereich der Seitenwände durchscheuern. Da bei Runflat-Reifen Minderluftdrücke vom Fahrer nicht wahrgenommen werden, sollten diese Reifen nur in Verbindung mit einem Luftdruckwarnsystem eingesetzt werden.
Montageanleitung: LINK
17.3 Stützringsystem (PAX-Reifen)
Beim Stützringsystem, dem sogenannten PAX-System, handelt es sich um ein Rad-Reifen-System, bei dem sich sowohl die Felge als auch der Reifen gegenüber dem Standardsystem unterscheiden. Durch den Einsatz eines Stützrings kann das System auch im luftleeren Zustand über eine begrenzte Laufstrecke betrieben werden.
17.4 Selbstabdichtende Reifen (Seal(ant)-Reifen)
Sealant-Reifen weisen gegenüber Standard-Reifen im Innern des Reifens eine zusätzliche, abdichtende Schutzschicht auf, die unterhalb der Lauffläche angebracht ist. Bei Beschädigungen der Lauffläche durch Nägel oder ähnliche spitze Gegenstände dichtet die Sealant-Schicht den Reifen in diesem Bereich ab, selbst wenn der Fremdkörper herausgeschleudert wird. Dadurch wird ein unmittelbarer Druckverlust verhindert und eine Weiterfahrt sichergestellt.
17.5 Reifen mit geräuschmindernden Maßnahmen
Reifen mit geräuschmindernden Maßnahmen weisen im Allgemeinen gegenüber Standard-Reifen im Innern des Reifens eine zusätzliche Schaumstoffschicht auf, die die Geräuschspitzen der Reifen-Hohlraum-Resonanz dämpft, wodurch der Geräuschpegel im Fahrzeuginnern verringert wird. Das von der Resonanz verursachte Geräusch ist das Resultat aus Luftvibrationen, die im Reifeninneren während des Abrollens auf der Fahrbahn entstehen und zu Strukturgeräuschen im Fahrzeuginnenraum führen.
17.6 Faltreifen
Mini-Reserveräder bieten nicht die Leistung eines normalen Reifens und ein Reserverad in voller Größe nimmt im Kofferraum zu viel Platz ein. Aus diesem Grund wurde das Faltreifenkonzept als platz-und gewichtssparende Reserverad-Option entwickelt. Dabei ist der Reifen zunächst luftleer auf einer speziellen Reservefelge vormontiert. Seitenwand und Lauffläche sind ineinandergefaltet. Unter Luftzufuhr mittels eines Kompressors dehnt sich der Reifen aus und nimmt dabei seine finale Reifenform an. Faltreifen werden in unterschiedlichen Reifengrößen angeboten, um den verschiedenen Reifendurchmessern der Fahrzeuge gerecht zu werden.
18 Verbraucherinformationen (Reifen-Label)
Um dem Verbraucher Informationen zu Reifen an die Hand zu geben, mit Hilfe derer er seine Kaufentscheidung nach umwelt- und sicherheitsrelevanten Merkmalen treffen kann, wurde das Reifen-Label eingeführt. Seit 1. November 2012 müssen für jeden Reifen, der nach dem 1. Juli 2012 produziert wurde, Informationen vorliegen, die über die Einstufung in Bezug auf den Rollwiderstand, die Nasshaftung und das Rollgeräusch Auskunft geben (EU-Verordnung 1222/2009). Die Einstufung erfolgt nach einem normierten Verfahren.
Für den Rollwiderstand und die Nasshaftung wird die Leistungsfähigkeit in Klassen von A bis G ausgewiesen, beim Rollgeräusch als Geräuschpegelsymbol und dem Geräuschpegel in dB (eine logarithmische Angabe des Schallpegels) (Bild).
Die Angaben sind relative Werte, sie können nicht auf die jeweiligen Straßenverhältnisse und Bedingungen am Fahrzeug übertragen werden.
A steht für die Klasse mit der besten Leistung,
D für die Einhaltung des Mindestwertes für den Rollwiderstand und die Nasshaftung.
Die Farbe der Schallwellen (schwarz oder weiß) gibt Auskunft über die Rollgeräuschgrenzwerte, die einzuhalten sind. Dabei bedeutet:
1 – erfüllen die Grenzwerte, die spätestens ab 10.2011 einzuhalten sind.
2 - Grenzwerte gelten ab 11.2011.
3 – weist aus, dass die ab 11.2011 geltenden Grenzwerte um mindestens 3 dB unterschritten werden.